Hundeglück 2011

 

 Effi  

6.9.2010 – 11.3.2011  

Ursprünglich sollte Effi mit ihrem ängstlichen Lebensgefährten Urmel zusammen vermittelt werden, aber eines Tages standen überraschend Menschen mit einem Effi-Klon vor der Tür und fragten nach der Hündin.  Nach einem ersten Kontakt kamen wir alle immer mehr zu der Ansicht, dass es sich um einen Bruder von Effi handeln müsse.  Und da die Hunde schon in der ersten Sekunde beschlossen hatten, zusammen zu bleiben, blieb uns Menschen nichts anderes übrig, als uns ihrem Wunsch zu fügen.

Effi lebt nun mit ihrem (wahrscheinlichen) Bruder an der Elbe und wird ein schönes und ruhiges Leben führen.


* 19.7.2003 - 26 cm Schulterhöhe -   8 kg - kastriert-geimpft - entwurmt - gechippt und registriert

 

Effi (Briest)    

Natürlich habe ich nach dem Einzug von Effi (Briest) ins Hundshuus sofort einen Brief an die Queen geschrieben und sie gefragt, ob sie Effi adoptieren wolle.

In der für die Queen typischen liebenswürdigen Art schrieb sie mir umgehend zurück, dass sie „very honoured and deeply grateful“ sei, einen so schönen und bezaubernden Hund angeboten zu bekommen, sie aber leider aus verschiedenen Gründen absagen müsste. Dann teilte sie mir  „under the pledge of secrecy“ mit, dass sie befürchte, dass im Falle ihres Todes niemand in der Familie gewillt und vor allen Dingen geeignet sei, ihre geliebten Hunde zu versorgen und zu umhegen. Ich möge bitte Verständnis haben.

 

Und natürlich habe ich das und deshalb haben nun Sie, liebe Leser, die aussergewöhnliche  Chance, einen Hund, der eigentlich der Queen zusteht, zu adoptieren! Effi ist laut Impfpass ein reinrassiger Jack-Russell-Terrier. Den Wahrheitsgehalt dieser Aussage kann ich nicht beurteilen. Zu ihrem Verhalten allerdings kann gesagt werden: JRT durch und durch!

Aber dazu später mehr. Nach Effis Ankunft machte ich mich an die Recherche bezüglich ihrer Herkunft. Als ersten Anhaltspunkt forschte ich in Bezug auf ihren Geburtsort. Effi wurde bei einem Hunde-Vermehrer in Sachsen-Anhalt geboren, dessen Daten incl. Telefonnummer nicht schwer zu bekommen waren. Ich rief dort an: nachdem ich eine unfreundliche männliche Person, die offensichtlich „Ja“ hiess, am Telefon hatte, bat ich um die Bestätigung, dass am 19.7.2003 eine kleine Hündin vor Ort das Licht der Welt erblickt hätte. Dieses unfreundliche Subjekt blaffte mich an, woher er das wissen solle…. Ich liess mir bestätigen, Herrn St. am Telefon zu haben. Dann fragte ich, ob er in seinen Büchern nachschauen könne, wann und wohin dieser kleine Hund verkauft worden sei. Darauf bekam dieses Subjekt einen Wutanfall und brüllte mich an, ob ich glauben würde, er liesse sich Namen und womöglich Anschriften der Hundekäufer geben? Ich brüllte zurück, dass ich es nicht glauben könne, dass er junge Hunde ungeprüft an für ihn völlig fremde Leute verhökern würde, worauf ein fieses „Leck m…a.. A……“ ertönte und der Hörer aufgeknallt wurde.

Gut, damit war die Herkunft der kleinen Hündin geklärt. Nachdem ich dann viel Zeit später und etliche Cutter-Messer-Schneiden stumpfer meine Nachforschungen durch Schichten von Tipp-Ex im Impfpass fortgeführt hatte, erschienen Name und Adresse der offensichtlichen Ersthalterin.  Google sei Dank, sowohl der Name als auch die Landkarte ergaben sinnvolle Ergebnisse und ich konnte unter zahlreichen Angeboten wie Privatadresse, Berufs-Adresse, e-mail und Tel.-Nummer auswählen. Ich rief die Dame, die 37 Jahre alt ist, im Amt einer Behörde  in Sachsen-Anhalt an und erfragte, ob sie die Hündin in Z. bei Herrn St. gekauft hätte. Das wurde mir bestätigt. Keine weitere Nachfrage ihrerseits….

Huch, was war das nun wieder? Ich erklärte, ich sei im Besitz des Tieres, was ihr ein „das macht mich aber traurig…“ entlockte. Keine Erschütterung, keine Frage danach, wo sie sofort ihren ehemaligen, geliebten Hund abholen könne, keine Frage, wieso der Hund bei mir sei. Nachdem ich ihr jede Information mühsam entlocken musste, weiss ich jetzt folgendes: Klein-Effi wurde für die Kinder angeschafft, Oma wohnte auch im Haus. Effi wuchs ausserdem mit zwei Katzen zusammen auf. Da Oma ja auf den Hund aufpasste und er so niemals alleine war, wurde leider bei der Erziehung versäumt, der kleinen Hündin beizubringen, alleine zu bleiben. Die private Situation änderte sich, Effi war von Stund an alleine und da sie nun protestierend bellte und die Tür zerkratzte, gab es eine wunderbare Lösung: das Tierheim! Dorthin wurde Effi nach 6 Jahren (!) gemeinsamen Lebens abgeschoben. Dass es sich bei diesem Tierheim, das den Namen wirklich nicht verdient, um eines der Schlechtesten handelt, will ich hier nicht unerwähnt lassen.

Effi wurde bald darauf erneut vermittelt, offensichtlich, ohne die neuen Halter darauf hinzuweisen, dass es sich um einen Terrier und dazu um einen mit Verlustängsten handelt. Denn schon einige Wochen nach Übernahme der Hündin durch ein Paar in Niedersachsen war Effi wieder alleine. Das Paar machte eine längere Flugreise nach Asien und Effi kam für Wochen in eine Pension. Nach der Rückkehr durfte Effi noch ein paar Wochen vor Ort in dem Haus tagsüber lange Zeit mutterseelenallein vor sich hin bellen, dann zog das Paar in den Süden Deutschlands und Effi fand sich erneut in besagtem schlechten Tierheim wieder.
Tiere, die dort landen, werden an den Erstbesten „vermittelt“ – keine Vor- oder Nachkontrollen der Plätze! Die dann erneute Adoption der Hündin war anhand des Vertrages im Impfpass zu rekonstruieren und in diesem Fall handelte es sich um eine Person aus meinem Landkreis, die auch vor einigen Wochen bei mir angerufen hatte und einen Hund haben wollte. Da ich über die Telefonate Aufzeichnungen mache, konnte ich schnell herausfinden, dass es sich um eine Person handelte, die von mir nicht einmal einen toten Goldfisch erhalten hätte.  Sie gehörte der Gruppe der Hundesuchenden an, die den perfekten Hund haben wollen und als erstes einmal Forderungen aufstellen, was der Hund alles bieten müsse. Auf Nachfrage meinerseits, was sie im Gegenzug dem Hund bieten könnten, stellt sich meist schnell heraus, dass leider keine Angebote seitens der potentiellen Adoptanten gemacht werden!

Oft fehlt es an simplen Dingen wie eingezäuntem Grundstück (ein Muss bei Terriern!), es fehlt an Zeit, an Erfahrung und vor allen Dingen an Liebe! Einer grossen Portion Liebe, die alle Anfangsschwierigkeiten am Beginn der Partnerschaft mit einem neuen Hund klein erscheinen lässt! Wie geschrieben, diese Frau blitzte also damals bei mir ab, bekam aber offensichtlich ohne Schwierigkeiten  Effi aus besagtem Tierheim. Und das Ende der Geschichte? Schon drei Wochen später stand diese Person eines Sonnabends auf dem Grundstück der Tierhilfe Wendland und bestand darauf, diesen Hund „SOFORT loswerden zu können!“  Frau Konopatsch fragte bei mir an und Effi, zu Tode erschreckt und ängstlich, mit Schwänzchen bis zum Bauchnabel geklemmt, zog bei uns ein!

 

Inzwischen von den Strapazen und dem Stress erholt, zeigt sich diese Hündin, die ja eigentlich zur Queen gehört, als eine kleine, bezaubernde Maus, die lebenserfahren und selbstsicher ist und sich von Töffeln wie Benno nicht dumm kommen lässt. Sie hat – wie auch Purzel – ihren Platz direkt unter meinem Schreibtisch zu meinen Füssen und lebte von der ersten Minute an in dem Hausrudel, als sei sie schon immer hier gewesen.   Alle Hündinnen haben sie akzeptiert, Ronja hat nach anfänglichem Zicken erkannt, dass hier Alter und Erfahrung  mehr Gewicht haben und es scheint nun alles bestens zu klappen.

Clara und Effi laufen als Doppelgespann begeistert neben dem Quad – Purzel,  Effi und Micky sind meine Pilz-Bodentruppe und so gibt es jeden Tag schöne Zeiten mit einer dieser Gruppen.  Effi ist eine siebenjährige, sehr fitte und aktive kleine Jack-Russellin, die zum Abgabezeitpunkt frisch kastriert, frisch geimpft und gechippt sowie registriert ist. Sie ist selbstbewusst und lässt sich keineswegs die Butter vom Brot nehmen. Sie ist in erster Linie als Bodenabwehr gegen Maulwürfe und andere Eindringlinge einzusetzen, kann aber auch als lebendige Wärmequelle im Bett Verwendung finden.

Effi hatte anfangs starke Verlustängste und konnte nicht alleine bleiben. Beim Versuch, ihre Panik zu verarbeiten, zerkratzte sie Türen. Inzwischen ist sie mehrmals mit den anderen Hunden ohne uns Menschen alleine geblieben und hat keinerlei Dinge zerstört, ebenso wenig war Protest zu hören. Nach der Kastration, noch unter Narkose-Einfluss, wollte ich Effi inmitten des Hunderudels mehr Ruhe geben und legte sie in eine Flugbox. Das war keine gute Idee und zeigte mir deutlich, dass es dazu eine Vorgeschichte gibt. Effi geriet regelrecht in Panik und nur die sofortige Befreiung und Lagerung unter meinem Schreibtisch liess sie wieder in Ruhe ihre Narkose ausschlafen.

 

Meine Vorstellungen von ihrem neuen Zuhause wären folgende:

Effi sollte zu einem lauffreudigen Paar, gerne mit  Katz`, umziehen, welches seinen Lebensmittelpunkt überwiegend im heimischen Umfeld hat. Das kann sein, weil entweder von zu Hause aus gearbeitet wird oder aber der Arbeitsalltag bereits beendet wurde. Bei Ausflügen sollte die Begleitung durch den Hund obligatorisch sein.

Natürlich könnte Effi auch zu einer einzeln lebenden Person, hier müsste aber sichergestellt sein, dass Effi den Berufsalltag mit der Person zusammen verbringen kann und nicht wieder lange Phasen des Alleinseins zu ertragen hat. Effi ist ohne Panikattacken eine der unauffälligsten und nettesten Hündinnen, die man sich vorstellen kann. Zurzeit schläft sie (bewegungslos!) in einer kuscheligen Kudde neben meinem Bett und muckst sich nicht. Ein einmaliger Versuch ihrerseits, das Bett zu erobern, wurde durch mich getadelt und damit ist dieses Thema erledigt. (Kleiner Nachsatz ein paar Tage später: Effi ist nachts heimlich ins Bett auf den Platz von Seppi Seidenweich gehüpft und ich habe es erst morgens bemerkt…. Ein SEHR konsequentes ABER AB!!! Hat sie von einem erneuten Versuch abgehalten)

Effi ist nicht anders als andere Terrier: Sie ist sehr intelligent, hat einen eigenen Kopf mit viel Lebenserfahrung angefüllt und möchte deshalb unbedingt sehr konsequent und bestimmt geführt werden, dabei viel Zuwendung bekommen und sich alles in allem gut aufgehoben fühlen.

Sie ist keinesfalls eine niedliche Kuschelmaus, sondern ein ganzer Hund, wenn auch im praktischen XS-Format. Als zukünftiger Wohnort wäre ein Haus mit Garten ohne zu dicht angesiedelte Nachbarn sinnvoller als eine Wohnung, denn sollte Effi in ihrer Not einmal bellen, können sich die Anrainer dann wohl kaum beschweren. Ich habe dummerweise und zu voreilig Effi den Mund wässerig gemacht, als ich ihr erzählte, sie würde bald im schottischen Balmoral wohnen und könnte dann in voller Leidenschaft schottischen Moorhühnern  nachjagen. Und ich muss gestehen, dass ich es noch nicht fertig gebracht habe, ihr von der Absage der Queen zu berichten.  Ich bringe es nicht über das Herz!

Wenn Sie also Interesse an Klein-Effi haben und sich ihr vorstellen, wäre es nett, wenn Sie nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen würden und ihr von einem kleinen Häuschen berichten. Ich schlage vor, wir bleiben bei der Version des schottischen Landsitzes, aber sie sagen einfach, dass sie aus praktischen Gründen jetzt überwiegend in ……………. wohnen und nur noch selten in den Hochmooren wohnen und jagen.

Mir wäre es sehr lieb, wenn wir eine stückweise Annäherung an die Realität anstreben könnten, um der kleinen Zuckermaus eine weitere Enttäuschung zu ersparen. Haben Sie das Gefühl, es mit einer handfesten Russellin aufnehmen zu wollen und zu können, dann dürfen Sie sich gerne ausführlich unter der bekannten Adresse info@hundshuus.de um Effi bewerben. Natürlich erwarte ich eine Schilderung der angestrebten Haltungsumstände für Effi.

 *************************

                                                                                     

 

Ein paar Gedanken zum Thema Verlassenheits-Ängste:

 

Ich möchte eine grundlegende und überaus wichtige Information an alle Beteiligten weitergeben, die Hunde besitzen, welche Stress und Ängste beim Alleinsein entwickeln: Diese Art der Panik wird NICHT aus niederen, hinterlistigen oder sonst wie vermenschlichten Eigenschaften heraus gezeigt, sondern erfolgt als logische Abfolge einer Kette von auslösenden Faktoren. Der Hund kann nichts für die gezeigten Verhaltensweisen und eine Bestrafung hätte etwa den gleichen Effekt, als würden sie ein kleines Kind dafür verprügeln, dass es vor ein Auto gelaufen ist.  

Eine Trennungsangst oder auch Verlustangst kann u.a. durch eine sehr tiefe emotionale Bindung eines Hundes an seinen Besitzer entstehen. Eher seltener tritt diese Verlassenheitsangst im Umgang mit Artgenossen auf. Die Angst kann aber auch durch viele andere einschneidende, traumatische Erlebnisse während der Welpenzeit erzeugt werden. Dazu können die übermässig frühe, aber auch die sehr späte Abgabe eines Welpen gehören, lange Phasen des Alleinseins in einem Zwinger (vergleichbar mit Säuglingen, die lange Zeit in völlig menschenleeren Räumen sich selber überlassen werden), es können veränderte Abläufe des bisher gleichen Tagesrhythmus zu einer Traumatisierung führen und viele Dinge mehr, die wir uns im Umgang mit Welpen gar nicht bewusst machen.

Wir „programmieren“ und erziehen oftmals unsere Hunde zu übergrosser Abhängigkeit von uns und stärken nicht ihr Selbstbewusstsein. Anstelle junge Hunde in selbstständigem Handeln zu unterstützen, sie für mutige und bewältigte Abenteuer zu belohnen (durch Stimme oder Leckerli), werden ihnen häufig Kontakte zu Artgenossen oder Bewältigung von natürlichen Hindernissen wie z.B. Kletterpartien über Baumstämme oder Mauern von vorneherein verboten, da „der Hund noch zu jung ist“. Diese Erziehung zur Unsicherheit  des Hundes schafft zwangsläufig eine grosse Abhängigkeit des Hundes von seinem Menschen. Fehlt dieser Mensch plötzlich, reagiert der junge Hund nach völlig normalem Schema: er fiept, er weint, er ruft und schliesslich schreit er in grosser Panik.

In einem natürlichen Hundeverband wäre das Fiepen ein Signal, damit die einzelnen Rudelmitglieder sich nicht aus den Augen verlieren und nach Möglichkeit auch die Wurfhöhle nicht zu weit verlassen. Wir Menschen machen uns diese instinktive Handlung bei der Bindung des Welpen an uns zu eigen, indem kecke Welpen z.B. auf Spaziergängen sich selbst überlassen werden und wir uns hinter einem Baum o.ä. verstecken. Ganz schnell merkt der Welpe, dass er alleine ist, entwickelt Panik, fiept oder schreit laut und geht sofort auf die Suche nach uns. Hat er uns erfolgreich gefunden, wird er in Zukunft immer wieder ein Auge auf seinen Rudelführer werfen, damit er gleiche Situationen nicht mehr erleben muss.

Was ist aber, wenn Welpen keinen Erfolg bei dem Rufen nach ihrem Rudelführer haben? Wenn Menschen junge Hunde kaltherzig in Räume oder Zwinger sperren, sich selber aber über Stunden nicht mehr zeigen? Diese Hunde werden anfänglich zaghaft, dann immer lauter und später in allergrösster Panik nach ihren Menschen rufen und bellen. Dabei erzeugen sie grosse Mengen des Stresshormons Adrenalin, das sich in ihrem Körper anreichern wird. Adrenalin im Übermass hat eine verheerende gesundheitliche Wirkung, die hier aber nicht näher erörtert  werden soll. Nur so viel: Ein Hormon kann nicht innerhalb einer kurzen Zeit wieder abgebaut werden. Ist also ein Hund einer grossen Stresssituation ausgeliefert und produziert grosse Mengen dieses Hormons, so lagert es sich im Körper ab und kann nur sehr langsam durch stressfreie Umgebung und Haltung wieder abgebaut werden. Dieser Vorgang kann 14 – 21 Tage dauern, immer vorausgesetzt, es wird kein neues Adrenalin in den Körper ausgeschüttet.

Man kann es sich gut an einem Krug verdeutlichen: ein kurzer Wasserstrahl, der einen in der Sonne befindlichen Krug trifft, verdunstet und ist ohne Belang. Ein Dauerstrahl hat keine Möglichkeit, innerhalb des Kruges (des Körpers) zu verdunsten. Der Krug füllt sich bis zum Anschlag und läuft schliesslich über und hat keine Chance, zu trocknen. Und ein Hund, der dauerhaftem Stress ausgesetzt ist, hat keine Chance, ausgeglichen und vor allen Dingen gesund zu bleiben. Es gibt zum Glück inzwischen zahlreiche Bücher zum Thema „Stress bei Hunden“, wobei das aus dem Animal-learn-Verlag sehr anschaulich geschrieben und bebildert ist und für mich die erste Wahl wäre.

 

Leider ist das Thema der Verlassenheits-Angst ebenfalls ein sehr vielschichtiges und ich könnte auch dazu ein kleines Buch verfassen. Im Alltag meiner Vermittlungsarbeit hat sich jedoch ein Punkt als Ursache sehr deutlich herauskristallisiert, den ich hier einmal beschreiben möchte. Menschen, die einen Hund übernehmen und trotzdem einen Beruf ausüben, haben die Tendenz, sich zum Übernahmetag und in den folgenden Tagen Urlaub „zur Eingewöhnung“ zu nehmen. Der Hund erlebt also i.d.R. einen Haushalt, in dem immer jemand anwesend ist. Er erlebt meist auch die geballte Aufmerksamkeit seiner Familie: die Kinder spielen und knuddeln ohne Pause mit ihm, sie zeigen den Hund ihren Freunden, die Verwandtschaft wird zum Kaffee oder Grillabend eingeladen und es herrscht nur Ruhelosigkeit vor. Bei einem Hund, der u.U. aus einem stressigen Umfeld wie einem Tierheim oder einer Tötungsstation kommt, erzeugt das einen enormen Stress. Aber auch ein vor der Abgabe gut und gesund aufgezogener Welpe kann durch eine Umsiedlung natürlich enormem Stress ausgesetzt sein, es betrifft im Grunde genommen alle Hunde jeglichen Alters und jeglicher Herkunft: Umzug in ein neues Umfeld bedeutet ein Übermass an Fremdreizen und diese erzeugen Stress.

Dann plötzlich kehrt der Alltag ein, dass Interesse der Kinder flaut ab und der Urlaub ist zu Ende. Plötzlich verlassen alle Familienmitglieder zu fast gleicher Zeit die gemeinsame „Höhle“. Der Hund, ohnehin nervös und hibbelig durch grosse Mengen des Adrenalins, beginnt umherzulaufen und zu rufen. Keine Reaktion! Aber beginnende Panik! Es wird in Windeseile das gesamte Haus, die gesamte Wohnung durchsucht – alles ohne Erfolg.

Die Stress-Situation legt sich auf den Darm, das Adrenalin zeigt seine Wirkung. Der Hund hat auf einmal schrecklichen Durchfall, ohne auch nur die geringste Chance, nach draussen geführt zu werden. Er kotet und uriniert in die „Höhle“, die Wohung.  Als nach Stunden endlich jemand in die Höhle kommt, hört er eine überaus freudige Stimme, die ihn mit viel Hallo und überschwänglichem Umarmen begrüsst. Doch schon eine Minute später kippt die Stimmung: der Rudelführer sieht die Überraschung und fängt aus heiterem Himmel an, den Hund zu beschimpfen. Ich werde hier nicht die Geschichte in der Richtung weiter erzählen, dass der arme Hund womöglich in die Kotlachen gedrückt oder geschlagen wird. Ich kann nur hoffen, dass Menschen, die zu diesen Handlungen fähig wären, keine Hunde halten. Die Folgen dieses abrupten Alleinlassens waren also verheerend (Durchfall), die Begrüssung war es ebenfalls, da der Hund diese beiden übertriebenen Stimmungs-Überfälle nicht einordnen und nicht verstehen kann.

Es wäre jetzt dringend nötig, dass erneut Urlaub genommen wird und der Hund mit Minimal-Trainingseinheiten lernt, dass Alleine- bleiben völlig normal ist und zum Alltag gehört. Dieses Training – nachdem ein Hund bereits die Verlust-Ängste entwickelt hat – ist mühsam, da die Anfangsintervalle, in denen der Hund ohne Panik alleine bleiben kann, oft nicht länger als 10 – 20 sek. sind. Sie können sich leicht ausrechnen, wie lange es dauert, bis ein Hund gelassen max. 4 – 5 Std. Berufsalltag des Halters erträgt. (Ich kann nur hoffen, dass sich niemand überlegt, einen Hund zu halten, der noch länger völlig alleine auf seinen Rudelführer warten muss!)

Einige Hilfen, die es einem Hund ermöglichen, ohne Panik auf das Alleinsein zu reagieren:

 

Gewöhnen Sie sich ab, beim Verlassen der Wohnung, ebenso wie bei der Rückkehr, den Hund zu beachten! Es klingt grausam, ist aber aus Sicht des Hundes eine normale Reaktion auf eine normale Angelegenheit. Als Beispiel: sprechen Sie zu Ihrem Hund, wenn Sie ins Badezimmer oder auf die Toilette gehen? Oder lenken Sie alle Aufmerksamkeit auf diese Tätigkeit hinter der Bad-Tür, die ihr Hund meist nicht gemeinsam mit Ihnen durchlaufen darf?  In der Regel wohl nicht, Sie werden dort kommentarlos verschwinden und kehren nach kurzer Zeit wieder. Aber auch dann werden Sie den Hund nicht loben und umarmen, sondern werden wortlos am ihm vorbei in einen anderen Raum gehen oder ruhig die Dinge weiterführen, die Sie vorher taten.

Der Hund lernt: das ist Alltag! Hier wird hinter Türen verschwunden, hieraus kommt aber auch jeder wieder zurück. Es ist also eine Routine-Handlung, die vom Hund ohne Reaktion zur Kenntnis genommen wird.

Wenn nun dieser Ablauf in Zusammenhang mit Ihrer Haustür gleich von Anfang an in sehr kurzen Zeitintervallen geübt wird, dann ist es für den Hund kein Unterschied, ob Sie hinter der Haus- oder aber der Badezimmertür verschwinden. Das Training kann sich neben der Zeiteinheit auch auf gleichbleibende Geräusche ausdehnen. Wenn Sie also i.d.R. immer die Autoschlüssel oder die Jacke greifen, wenn Sie die Wohnung verlassen, können Sie das auch einmal vor dem Gang ins Bad machen. Oder aber Sie gehen im Bademantel vor die Haustür und kommen nach einiger Zeit kommentarlos zurück.

Ich möchte Ihnen vermitteln, dass Dinge, die in Ihrem eigenen Kopf als „normal“ eingestuft werden, auch im Kopf des Hundes keinerlei Emotionen erzeugen sollen. Und weder der Gang in den Keller noch ins Bad oder in den Garten lösen bei Ihnen den Drang aus, sich zu verabschieden oder eine gewaltige Begrüssung zu zelebrieren.

Wenn also Menschen lernen, „hündisch“ zu denken und den Hund sowohl bei Weggang als auch bei Wiederkehr völlig zu ignorieren und erst nach ca. 15 – 20 min. einmal zum Streicheln heranrufen, dann wäre das bereits eine erfolgsversprechende Basis im täglichen Alltag, KEINE Verlustängste aufzubauen. Durch das übermässige Geplapper a la „so, mein Lieber, Mami muss jetzt gehen, Du bleibst schön zu Hause, blabla-blabla- blabla……“ wird der Hund in eine nervöse Vorstimmung versetzt und gerät schon ohne wirklichen Anlass in Panik, schüttet Adrenalin aus. Und der gleiche Ablauf passiert meist nach Rückkehr der Hundehalter: ein Wortschwall ohne Ende, blabla – blabla….. Kommen Sie nach Hause, als seien Sie eben im Bad gewesen und alles verliert die exotische Sonderstellung.

Was aus meiner Sicht ebenfalls zu Panik-Attacken des neuen Familienmitglieds führen kann, ist eine starke Reizüberflutung zu Beginn des Einzugs (bereits im oberen Text angedeutet). Lassen Sie den Hund in Ruhe, zeigen Sie ihm Räume, die am Anfang wichtig sind, erweitern Sie aber dann schrittweise die Tour durch Haus oder Wohnung. Der Hund wird viele Jahre bei Ihnen leben, Sie werden viele Jahre Zeit haben, ihm Menschen, Wege, Zimmer oder den Garten zu zeigen.

Als Beispiel: Kommen Verwandte von einem anderen Kontinent zu Ihnen ins Haus, wird auch diesen erst einmal Ruhe gegönnt und der gemeinsame Gang ins Kino, in einen Park oder zu Freunden erst nach Tagen in Angriff genommen, wenn der Besuch ausgiebig geschlafen, gegessen und Koffer ausgeräumt hat.

 

Fazit:

Bereiten Sie sich selber vor Übernahme eines Hundes gedanklich auf die Umstellung vor.  Machen Sie eine Liste, was im Haus sein sollte, damit Sie keine grossen Einkäufe machen müssen. Legen Sie sich einen Plan zurecht, was der Hund zu welchem Zeitpunkt bewusst und in Ruhe kennen lernen soll, z.B. Lieblings-Spazierweg, beste Freundin, gute Freunde mit Hund, Tierarzt etc. Alle diese Punkte nicht sofort oder jeweils in den ersten Tagen, sondern ausgiebig einen Punkt und dann den nächsten mit zeitlicher Verzögerung. Sie haben Zeit! Genauso wie ihr Hund, der erst einmal den Stress des neuen Umfeldes bewältigen muss!

 

Wenn Sie sich trotz genannter Tipps gerne auf einen Hund mit Trennungsängsten – vielleicht bereits im Vorfelde - einstellen oder etwas über die Lösungsmöglichkeiten aus den Ängsten heraus erfahren möchten, so wird Ihnen diese Lektüre sicher dabei helfen:

 

 

1.  Trennungsangst beim Hund [Broschiert]

          James O'Heare, //15 Euro

 

 

 2.  Waldi allein zuhaus: Wenn Hunde Trennungsangst haben [Broschiert]

          Patricia B. McConnell,// 6.90 Euro

 

 

 

 

+ zum Seitenanfang

+ zum nächsten Hund

+ zur Startseite von Hundshuus