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Nachruf auf einen schwierigen
Hund:
Als er vor vierzehneinviertel
Jahren als Einjähriger zu uns kam,
schrammte ich haarscharf an einer tiefen Bissverletzung im Finger vorbei!
Er gehörte zusammen mit einer extrem
scheuen Schäferhündin einer Krankenschwester, die ihn gerne im Auto verwahrte.
Die anderen drei Hunde, die sie besaß, bleiben zuhause beim französischen
Freund. Ihr O-Ton “ Dort sind sie aber nicht sicher – er fixiert sie immer durch
die Gitterstäbe und schreit sie dann an oder schmeisst Sachen nach ihnen…….”
Folgen dieser „liebevollen“ Behandlung
waren an der Schäferhündin Nina und Dackel Raudi unübersehbar: Beide hatten
KEINERLEI Vertrauen in Menschen.
Wie durch ein Wunder fand ich über eine
sehr ungewöhnliche Zeitungsanzeige, die ich in meiner Not formuliert hatte, neue
Besitzer für Nina, wo sie glücklich bis zu ihrem leider frühen Tod lebte.
Eine damals auch in der
Hundevermittlung tätige Freundin aus Hamburg besorgte mir DIE Superstelle:
Grosses Anwesen mit Park und Herrenhaus, ältere Dame, die immer Rauhhaardackel
besass und auf der Suche nach einem erwachsenen, aber jungen Tier war. Leider
keine Umzäunung, dafür aber ein eigener Koch für die Hunde!! Als der
Übergabetermin feststand, äusserte sich das erste Mal mein Mann zu einem Hund,
indem er sagte, auch er würde gerne einmal einen Hund auswählen, der in unserem
Rudel leben sollte. Überrascht, wenn
auch nicht gerade erfreut, überzeugte mich dieses Argument natürlich. Unsere
bisherigen vier Hunde hatte ausschliesslich ich behalten wollen. Also blieb
diese kleine Bestie bei uns!
Da Nachbardackel Raudi den gleichen
Namen, aber die älteren Rechte besass, musste unser Hund umgetauft werden: aus
Raudi wurde Raudel..... (Was in Zukunft viele Leute veranlasste, ihn Traudel zu
rufen und für eine Hündin zu halten...)
Raudel lehrte uns, was Ausbrecher sind!
Kein Draht, kein Zaun, keine Umfriedung, die NICHT untergraben wurde. War er
draussen, ging er seinen Pflichten als Waldmann nach und arbeitete ohne Pause
oder Wegzehrung oder Entspannung. Aber er kam wieder zurück! Nach Stunden stand
ein verdrecktes Erdferkel ausgezehrt und müde laut grölend vor der Tür und
forderte Einlass. Damals noch ohne Hundedusche, musste er in unser
Badezimmer gebracht und die Wanne gehievt werden, ich dabei immer am Rande zum
Massaker stehend....
Wir haben in all den Jahren viele
Suchaktionen gestartet, wenn er wieder einmal Stachelschweine, Waschbären oder
sonstiges verfolgen musste. Später, nachdem unser Collie zu unserem Rudel
zugestossen war, wurden diese beiden ein Team. Der Collie trottete hinter dem
zielstrebig laufenden Dackel her, fanden sie dann das Tier, erscholl lautes
Gekläff in zwei Tonlagen. Nach Stunden wurde es dem Collie meist zu dumm, er kam
zurück. Der Dachsmann aber legte viele Sonderschichten ein und war weder durch
Schneestürme noch wirklich tiefe Minusgrade von seiner Aufgabe abzubringen.
Wir gewöhnten uns an, ihn
ausschliesslich an der Flexi-Leine zu führen und hatten den Eindruck, er war
fast glücklich darüber. Gerne kam er auf Ruf, liess sich befestigen und ab zog
die Karawane.
Im Alter von 5 Jahren kam Raudel unter
das Messer und wurde endlich kastriert. Ich konnte keine Rücksicht mehr auf die
Angst meines Mannes vor einem Narkosezwischenfall nehmen, da der Dackel sich mit
jedem Vermittlungsrüden anlegte und eine Prügelei begann.
Und schon ein halbes Jahr später wurde aus dem angriffslustigen, Kämpfe
provozierenden, knurrigen Dackel nun ein knurriger Dackel. Er hatte weiterhin
schlechte Laune, war schlecht sozialisiert und eigensinnig, aber Prügeleien
kamen nicht mehr vor, er vertrug sich mit allen Rüden!
Und so zogen die Jahre ins Land –
Dachsmann sah viele Hunde kommen und gehen, im eigenen Rudel verstarben unsere
alt übernommenen Hunde, er überlebte alle.
Vor einigen Monaten nun begannen
Probleme mit der Atmung auf Grund einer Herzerkrankung. Die Medikamente
erbrachten eine geringfügige Besserung, richtig fit wurde er nicht mehr. Er zog
es vor, seine Tage im schummrigen begehbaren Kleiderschrank zu verschlafen,
fernab vom Restrudel. Er verstarb heute Nacht ganz entgegen seiner üblichen
bullerigen Art leise und zusammengerollt im Körbchen in Liegestellung,
wahrscheinlich sogar im Schlaf.
Er war ein sehr eigenwilliger Hund, er
war nicht „mein“ Hund, sondern der Liebling meines Mannes und ich habe viele
Jahre gehofft, dass endlich Schluss sei. Aber leer und ungewohnt ist es jetzt
doch! |
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