Hundshuus Kalender Januar 2003

 

 

Tagebuch:

 

Die Resonanz auf meinen Leitartikel zum Thema "schnappender Hund" war erstaunlich gross. Ein Leserbrief war besonders interessant und mit Erlaubnis der Schreiberin aus Hamburg möchte ich ihn hier passagenweise zitieren:

Wir sind Hundeanfänger, haben vor 4 Jahren mit unserem Labradorrüden angefangen, ganz bewusst kein TH-Tier, weil wir uns dies nicht zutrauten als Ersthund. Dieser Hund, das einzige Tier, welches wir uns privat, nicht vom Züchter, mit 8 Wochen, super Voraussetzungen, super geprägt etc. in Haus geholt haben, hat uns in die unglaublichsten Situationen gebracht - kurz und gut: Wir wissen jetzt, dass Hundeschule nicht gleich Hundeschule ist (da hat er leider, aufgrund von schwachsinnigen Einwirkungen verschiedener Lehrer, das Schnappen, nach vorherigem Warnen durch Knurren, gelernt).

Das gerade, wie Sie ja auch schreiben, die Leute, die ihr Leben lang Hunde hatten, z.T. gar keinen Plan davon haben, die meisten Hundehalter sowieso keine Ahnung, kein Interesse, überfordert und und und ....mit ihren Hunden sind. Und beim Spaziergang quatscht man sowieso lieber mit den anderen Zweibeinern (soll ja entspannend für MENSCH sein) und kriegt gar nicht mit, was sein Hund so macht und lässt andere Leute eingreifen, von denen man weiss, dass die eh auf ihre Hunde aufpassen, und zur Not auch noch "fremde" Hunde von Joggern wegpfeifen... (Wie der Hund diesen Spaziergang erlebt, von der Bindung zu seinem Menschen, der geistigen Auslastung etc. gar nicht zu sprechen....)

Ein Beispiel: Wir sind von Hamburg (hier arbeite ich immer noch) aufs Land gezogen (da wir u.a. eine pinkelnde Katze, die niemand wollte, mit uns 'rumschleppten - welche, seit dem sie Freigang hat,die tollste, sauberste Katze der Welt ist) Wir wohnen jetzt in einer Gegend mit vielen Häusern, Familien, Kindern und unzähligen Hunden. Das beste Beispiel wohnt gegenüber - Familie mit Einzelkind, alsSchwesterersatz wird ein Golden Retriever angeschafft (aus dem Osten, ist billiger...), bekommt auch einen Mädchennamen verpasst; der Garten muss natürlich nicht eingezäunt werden, da man dem Hund ja beibringen kann, dass er nicht das Grundstück zu verlassen hat (aber wer tut das??). Im Sommer wurden wir jeden Morgen durch das "Hierher, Sitz, Platz" Gekreische geweckt und lebten in ständiger Angst, dass die Hündin vor unseren Augen überfahren wird.... Aber eingezäunt ist der Garten immer noch nicht; wir haben dann den Besuch einer Hundeschule über Nachbarn, die die Leute besser kennen,vorschlagen lassen....

Das Ende vom Lied ist, dass die Leute erbost die Hundeschule verlassen haben, nachdem mehrfach ein energisches Einwirken auf den Hund von der Lehrerin (die mir auch bekannt ist und die m.E. gut ist)gefordert wurde... Die Hündin läuft immer noch über die Strasse, hat schon einen Nachbarn gebissen, der sie wieder einfangen sollte und der letzte Stand der Dinge ist jetzt, das ich gehört habe, das die Leute mit der Hündin jetzt nichts mehr machen - und nur hoffen, dass sie nicht gerade überfahren wird, wenn der 7jährige Sohn mit im Garten ist.... NO COMMENT (hatte auch schon beim Ordnungsamt angerufen, aber die können ja auch nichts machen....)

Nebenan wohnt eine andere Rasse-Hündin, welche zwar 1 x am Tag gross spazieren geführt wird (mittlerweile meist angeleint), neben den zwei kleinen Pinkelrunden, sich aber liebend gerne auf kleine Hunde stürzt... Da die Besitzerin das leider immer nicht im richtigen Moment mitbekommt, das da gerade ein kleiner Hund den Weg kreuzt, wird immer in der gleichen Art, wenn es zu spät ist, reagiert, was die Hündin geduldig, da ja bekannt, über sich ergehen lässt...

Für Hundeschule ist momentan auch keine Zeit mehr ("eigentlich ist sie ja ganz fein....") da alle arbeiten und ausserdem noch zwei kleine Kinder zur Familie gehören... Aber kaum passiert etwas, wird sofort über Einschläfern (seitens des Mannes, der sich überhaupt nicht um die Erziehung kümmert "Frauensache", und den Hund "abgöttisch liebt") nachgedacht, weil das ja peinlich ist... Und als "unverträglich" gilt sie jetzt auch....

Meine Tierheimhündin musste erst einmal "das Leben" kennen lernen (zum Glück war sie erst ca. 6 Monate); sie wollte ihren Bruder, den Labbi, vor allen Hunden beschützen, kannte weder Bälle, Mülleimer, Kinderkarren etc.....

Mittlerweile ist sie absolut verträglich, versteht sich sogar mit der eben erwähnten Hündin, da ich "Rudelführer-mässig" immer eingegriffen habe, so dass von seiten der Nachbarhündin gar nichts mehr kommt, weil sie weiss, dass ich sie genau im Blick habe und auf meine Hündin aufpasse (natürlich auch, dass meine Hündin nichts macht). Unsere beiden Hunde haben uns, da sie auch soooo verschieden sind, von der Prägung/Aufzucht her, vom Wesen etc., so viel über Hunde gelehrt, so dass ich immer zusehe, meine Hunde zu beschützen, damit sie keine überflüssigen negativen Erfahrungen machen (ich wache über meinen Labbi mit Argusaugen, damit ihn niemand mehr in die Situation des Knurrens, (oh, Mensch macht weiter, ich muss mich wehren und schnappen...) bringt und ich kann nur sagen, ich kann mit meinen Hunden machen, was ich will - sie knurren mich nie an o.ä., sie folgen mir einfach nur aufmerksam und freudig und das ist sooooo eine tolle Bindung zwischen uns, dass können wahrscheinlich leider nur Sie, liebe Frau Schmidt, nachvollziehen (es war mir schon klar, das EISBÄR zu Ihnen eine enge Bindung aufbauen wird)...

Ich kann nur sagen, wir leben in einer "Wegwerfgesellschaft" und ein Hund ist schon lange, leider, nicht mehr der beste Freund der Menschen, sondern ein Wegwerfprodukt, was bitte zu funktionieren hat. Sonst wird es ausgetauscht..... (weil MENSCH ja keine Fehler gemacht hat und beim nächsten Hund wird alles anderes, der ist ja nicht so fies, blöd oder was auch immer wie der Vorgänger....).

Es tut mir in der Seele weh und ich versuche ständig Aufklärungsarbeit zu betreiben, aber selbst Menschen, die viel mit mir laufen (und ich bin, wie gesagt, Anfängerin), rufen z.B. ihre Hunde immer noch zurück und strafen, wenn sie nicht sofort kommen u.ä. Und von den Hunden, die vom Menschen zum Rudelführer gemacht und nach einer hundstypischen, aber für Menschen gefährlichen Aktion (verteidigen des Mettbrötchens z.B.) sofort eingeschläfert werden, höre ich ständig. Verstehe da aber auch die Tierärzte nicht. Aber einem Hund wird kaum eine zweite Chance gegeben - auch wenn die Schuld eindeutig die Menschen hatten ("geht nicht, wir haben ja Kinder im Haus"... ist meine Lieblingsbegründung)....

Es gibt eine hilfreiche Hundeseite www.bambuli.de; da habe ich auch gelernt, dass ich lieber nicht direkt meine Hündin angucke, wenn sie frisst, weil sie sonst immer gleich vom Napf verschwindet; guckt man sie nicht an, frisst sie ruhig weiter...

Ja, es gibt so vieel mit den lieben Vierbeinern zu lernen, man muss es nur wollen!!!!!! Und sie geben es einem soooooooo tausendfach zurück....

Aber alle Leute denken eh, dass mein Freund und ich einen an der Marmel haben und unsere Hunde von Geburt an so fein waren und alles konnten....

Liebe Grüsse nochmals aus Hamburg!!!!! Werde immer weiter gerne Ihre tolle Website besuchen!!!!!

Diesem sehr detaillierten und genau getroffenen Brief braucht man wirklich nichts mehr hinzuzufügen.....
Ich freue mich für die beiden Hunde dieser wirklich engagierten Menschen........

 

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