...von der Seele geschrieben:

 

 

 

 

 

Bericht über die Welthundeausstellung 2003

 

Als Stammleser von HUNDSHUUS werden Sie sicher keinen "Friede, Freude, Eierkuchen"-Bericht über die Welthundeausstellung in Dortmund erwarten.....
Dass mein Eindruck aber SO negativ ausfallen würde, hatte selbst ich nicht erwartet.

Zuerst einmal spielte der Hundegott nicht mit: Es herrschten strahlender Sonnenschein und extrem heiße Temperaturen um die 30°.

Als Hundeschau-Besucher erhofft man sich eine gute Organisation des Veranstalters, einen sauberen, sprich fäkalfreien Rahmen der Ausstellung, freundliche Hundehalter, gut gehaltene Hunde, eine so weit wie möglich stressfreie Umgebung und interessante Informationen über spezielle Hunde.

Die Welthundeausstellung, ausgerichtet durch den VDH (Verband für das Deutsche Hundewesen) war ein Desaster.

Die Hallen platzten trotz der vier Ausstellungstage aus allen Nähten. Vorführ-Ringe waren mit Markierungsband abgeteilt, Platz für die Hunde und deren Boxen, für die Aussteller selber sowie deren Zubehör wie z.B. Tische und Stühle waren Mangelware.

Und da keine Flächen dafür ausgewiesen waren, baute derjenige, der zuerst frühmorgens am Ring war, seinen Lagerplatz an beiden Seiten der Gänge auf. Bei ca. 120.000 Besuchern an vier Tagen kann man sich lebhaft vorstellen, durch welche schmalen Gassen sich die Massen zu wälzen hatten. Sinnvollerweise waren ausgerechnet riesige Hunde wie die Berner Sennenhunde in der kleinsten Halle ausgestellt, es kam zu ewigen Engpässen in Halle 3. Um zum Ausgang zu kommen, gab es jedoch keinerlei entrinnen, man musste sich durch dieses Nadelöhr zwängen....

Die Hinterlassenschaften der Hunde, drinnen wie draußen auf den äußerst spärlichen dafür ausgewiesenen Flächen, waren schon am ersten Tag in unglaublicher Menge zu finden (und zu riechen).

Die Beteiligung der Aussteller aus dem Ausland war sehr hoch, der gesamte Ostblock schien vertreten. Und hier war auf einen Blick auszumachen, dass unsere Nachbarländer im Osten sowie im Süden grundsätzlich völlig andere Vorstellungen von Hundehaltung haben.

Die Käfige, in denen die Hunde eingesperrt waren, hatten in den meisten Fällen Gitterroste etwas oberhalb des Plastikbodens, durch die Fäkalien praktischerweise durchfallen können, so gesehen bei etlichen unglücklichen Hunden, die in dem eigenen Gestank ausharren mussten. Die Käfige selber waren fast immer eine, zum Teil sogar zwei Größen zu klein, oft mussten zwei Hunde darin über Stunden eingezwängt durchhalten.

 

Da ein Teil der Aussteller mit mehreren Rassen angereist war, mussten die Tiere, die am betreffenden Tag nicht gerichtet wurden, trotzdem mit in die Hallen, um dort übereinander gestapelt eingesperrt in ihren Boxen den Tag über vor sich hinzudösen. Zum Teil ohne ausreichende Wasserversorgung. Mein Hinweis darauf wurde meist äußerst aggressiv zur Kenntnis genommen. Ein Aussteller sagte mir klipp und klar: Wer viel trinkt, muss viel pinkeln - und dafür hätte er keine Zeit. Schließlich müsste er seine aktuelle Rasse im Ring vorführen......

Andere Hunde wurden an irgendwelchen Geländern angebunden, unter Treppenaufgängen oder sonstigen Nischen sich selber überlassen.

Bitte das Foto mit dem Mauszeiger berühren

Ein Welpe, der lauthals seinen Unmut herausweinte, schien die darum herumsitzenden Wartenden nicht weiter zu irritieren. Nachdem ich endlich den polnischen Besitzer ausgemacht hatte, erzählte mir dieser, die Mutter sei angeblich am Vortag abgereist, der Vater sei im Ring. Nach Androhung einer Meldung bei der Messeleitung durch mich wurde das kleine 6wöchige Würmchen auf dem Schoss gehalten, worauf sofort Ruhe einkehrte. Mir kam in diesem Zusammenhang in den Sinn, dass dieser Welpe, der sicher nicht das erste Mal in dieser betrüblichen Lage war, seinen zukünftigen Besitzern sicher durch seine spätere Trennungsangst das Leben zur Hölle machen würde. Erschreckend war die Tatsache, dass die Aussteller, die neben dem schreienden Welpen saßen, kein Wort dazu sagten.

Es überraschte mich, zu sehen, dass Welpen mit in das Ausstellungsgelände genommen werden durften. Vor dem Ring der Riesenschnauzer befand sich eine Box mit knapp sechs Wochen alten Welpen. Auf einem Plakat informierte die polnische Besitzerin über die Abstammung. Am zweiten Ausstellungstag befanden sich noch fünf Tiere darin, am dritten Tag lediglich zwei. Da ich nicht vermute, dass drei Tiere in einer Nacht verstorben waren, können sie also lediglich an vorbeischlendernde Besucher verkauft worden sein.

Das gleiche Schicksal ereilte einen Champion einer spanischen Jagdhund-Rasse. Der sehr an dem Hund herumzerrende, mit seinen Nerven vor Spannung am Ende angekommene Besitzer erhielt einen begehrten Preis. Kaum aus dem Ring getreten trat ein deutscher Zuschauer an ihn heran, es wurde ca. 5 Minuten verhandelt, Geldscheine wurden gewechselt und schwupp - der völlig erschöpfte und verwirrte Hund hatte einen neuen Besitzer, von dem er auch sogleich per umgelegtem Stachelwürger weggezerrt wurde.

Ein spanischer Gordon-Setter wurde "aufgewärmt", d.h. er musste bereits vor der Vorführung im Ring in den engen Gängen bei Fuß dicht neben dem Besitzer laufen.
Dieser war nicht glücklich über seinen unkonzentrierten Hund, der versuchte, Düfte der Vorbeilaufenden zu erhaschen. Kurzerhand griff er sich das Ohr des herrlichen Rüden, riss harsch daran herum und "übte" weiter mit dem Ohr in der Hand. Es wurde von vielen herumsitzenden Ausstellern zur Kenntnis genommen, sie hörten den Hund aufwinseln, KEINER sagte etwas. Als ich es nicht mehr mit ansehen konnte, wie der winselnde, kuschende Rüde malträtiert wurde, stellte ich den Mann zur Rede. Er sprach weder Deutsch noch Englisch, wusste aber sehr schnell den Grund meines Einwandes. Und anstatt zuzugeben, dass es so nicht ginge, wurde er ausfallend. So hatten wir eine etwas längere, lautere Diskussion (er sprach Spanisch, ich Deutsch...) über die Art seiner Hundehaltung. Es raunte Zustimmung aus einigen Ecken, eine Ausstellerin eines herrlichen Gordon-Setters aus Österreich erzählte mir anschließend, dass nach der Ausstellung in Madrid die schlecht bewerteten Hunde einfach auf dem Ausstellungsgelände zurückgelassen wurden. Nach einiger Zeit kamen einige Männer und erhängten die Rassetiere schlicht und ergreifend am nächsten Baum!!!

Am Abend des zweiten Ausstellungstages kam gegen Abend eine Rundmail an alle Tierschützer, Hundevermittler und ähnliche: ALARM - etliche Hundehalter hatten auf den riesigen Parkplätzen ihre Hunde im Auto gelassen, die Mitglieder der Arche 90 suchten nun alle Autos nach Hunden ab und brauchten dringend Unterstützung. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Polizei schon mehrere Autos aufgebrochen. Für vier Hunde kam bis dahin jede Hilfe zu spät.

Ein Rottweiler verendete bei seinem verzweifelten Versuch, sich aus dem Auto zu befreien und brach zusammen, während er sich im Lenkrad verbissen hatte. Kaukasische Owtscharki-Welpen mit bis auf den Knorpel abgeschnittenen Ohren wurden aus einem russischen Auto befreit. Sie mussten notversorgt werden, starben zum Teil und wurden konfisziert. Der wütende Besitzer, der die Hunde bereits verscheuert hatte, tobte vor Wut.

Am nächsten Tag gingen also die Mitglieder der Arche 90, sehr fleißig unterstützt durch den Nachwuchs, die "Arche-Kids" und durch den Internet-Aufruf erschienene Leute bei sengender Hitze Streife. Und obwohl am Vortag Durchsagen in den Hallen erfolgten, waren wieder etliche Hunde im Wagen eingesperrt. Einige von ihnen in diesen scheußlichen sogenannten Thermo-Wagen, die hinter das Auto gehängt werden. Diese Anhänger werden meist für Schäferhunde benutzt, vier von ihnen werden in Boxen gequetscht, die ich für Zwergkaninchen als minimal ausreichend ansehen würde. So saßen also hier in einem Anhänger ein völlig verzweifelter, vor sich hinweinender Schäferhund, der kurz vor einem Kollaps war, sowie drei Großpudel, die nicht glücklicher waren.

Zum Glück gelang es, diesen Hunden mit Hilfe einer Trinkflasche mehrere Liter Wasser durch die Stäbe zu verabreichen. Andere Hunde waren nicht so glücklich dran, da wir sie mit unserem Wasser nicht erreichen konnten. Um die Polizei, die bereits auf anderen Parkplätzen am Wagen aufbrechen war, nicht zu überlasten, war vereinbart worden, die Tiere zu beobachten und auf Atmung und Schwächeanzeichen zu achten.
Ein Wagen aus Herne hatte zwei Schäferhunde im Heck in Einzelkäfigen und gerade als wir uns entschlossen, einzuschreiten, kam der Besitzer. Die gerade noch verhinderte eingeschlagene Scheibe ließ ihn wütend werden. Er unterrichtete mich, dass er seit dreißig Jahren im Schutzdienst aktiv sei, genau wisse, wie Hunde zu halten seien und außerdem seien sein Tiere gut versorgt und das Warten im Auto zusätzlich gewöhnt. Mir verschlug es fast die Sprache......

In einem Reisebus aus Russland befanden sich Unmengen von Gitterkäfigen mit den erwähnten Gitterböden. Ein Teil der Sitze war entfernt wurden, dort standen jetzt die Hunde. Im Bus schliefen auch einige Menschen bei dieser unglaublichen Hitze. Gleich am Eingang befanden sich vier Beagle, die mich apathisch und traurig anschauten. Mein Versuch, ihnen Wasser durch die Gitterstäbe hindurch zu geben, wurde mit einem wütenden Njet beschieden. Als ich die Kisten mit dem Querschnitt der momentan am meisten gefragten Hunde (Beagle, Basenji, Labrador, Golden Retriever, Dackel und Border Collie) fotografieren wollte, schlug der Busfahrer die Tür augenblicklich zu. Die Blicke dieser Hunde werde ich noch lange im Gedächtnis behalten.

Eine mich immer wieder fassungslos und wütend zugleich machende Angelegenheit sind die verkappten Star-Friseure und Friseusen auf Ausstellungen. Alles, was irgendwie mit langem Haar in der Hundewelt gesegnet ist, wird auf Frisiertische gehoben, dort mit Hilfe von dünnen Leinen an sogenannten Galgen befestigt und dann wird munter drauf los gesprüht, geschnippelt, gebürstet, gefönt und geölt. Es ist für Laien ein Schauspiel für sich alleine. Offiziell ist der Einsatz von Haarspray zwar verboten, aber denken Sie nicht, diese Regelung würde nachgeprüft werden.

 

Auch hier haben mir angesprochene Züchter interessante Informationen gegeben: Bei einem Großpudel befanden sich nicht diese affigen Pompons auf seinem nackten Hinterteil, er sah relativ normal aus. Als ich die Halterin dafür lobte, teilte mir diese mit, der Hund könne nicht ausgestellt werden, da er im Spiel mit den Kleinpudeln der Familie Haare im Nackenbereich gelassen hatte. Das würde im toupierten Haar auffallen, damit würde der Hund gleich ausgeschlossen werden.......

Und noch eine interessante Sache erfuhr ich: Den Besitzer eines zum Gecken degradierten Großpudels befragt, ob dieser Hund jemals ein Schlammloch gesehen hätte, antwortete mir der Halter, dass seine Pudel jede Menge Auslauf im Wald hätten. Das sei leider bei der Bewertung nicht von Vorteil, da man auf dem nackten Hinterteil jede Art von Muskulatur erkennen könnte, die jedoch bei den Richtern nicht erwünscht sei........

Ich habe fast zu jeder der sogenannten "schönen", sprich langhaarigen Rassen so etwas gehört, ich beschränke mich aber auf einige fotografische Eindrücke, die Sie selber bewerten können.

Wenn man vier Tage von morgens bis abends mit offenen Augen über eine so große Ausstellung schlendert, auf der fast 20.000 Hunde gezeigt werden, bekommt man natürlich Unmengen an Insider-Informationen. Ich denke, um einen Eindruck zu bekommen, reichen die geschilderten Beispiele.

Ich hätte mir gewünscht:

*** dass der VDH der ausstellenden Hundewelt zeigt, wie gut und konsequent der deutsche Tierschutz ist. Dazu hätte es Ordner bedurft, möglichst mit einer einheitlichen Mütze o.ä. eingekleidet, die neben jedem einzelnen Ring hätten postiert werden müssen. Diese Ordner, evtl. Studenten der Veterinärmedizin, hätten die Aufgabe gehabt, an ihrem zugewiesenen Ring die Unterbringung und den Zustand der dort vorgestellten Hunde zu überwachen, das Wasserangebot zu überprüfen usw.

*** dass der VDH die Ausstellung rein zeitmäßig gestreckt hätte, um weniger Hunde pro Tag in den überfüllten Hallen zu haben.

*** dass der VDH innerhalb der Hallen ein absolutes Rauchverbot erlassen hätte. Zum Teil waren nichtrauchende Besucher, deren Hunde und Ausstellungshunde schlimmer einem blauen Dunst ausgesetzt als in einer Hafenspelunke......

*** dass der VDH ein Verbot für Besucher-Hunde erlassen hätte. Wenn schon die Besitzer dieser armen Tiere zu unsensibel sind, um an die Bedürfnisse ihrer Hunde zu denken, dann sollte es der größte Hundeverein tun. Die Besucherhunde, an kürzester Leine gehalten, wurden durch die unglaublichen Menschenmassen geschoben und gezerrt, ihnen wurde auf die Pfoten getreten, sie wurden betatscht und die Kinderwagen rollten über ihre Ruten und Beine, wenn sie müde neben Ständen oder Ausstellungsringen lagen.

*** dass durch den Ausrichter der Schau veranlasst worden wäre, dass die geradezu jämmerlich spärlich vorhandenen Löseplätze mit Rollrasen bedeckt gewesen wären.

*** dass in der Nacht Reinigungskolonnen umhergegangen wären, die mit einem Strassenreinigungsmobil (wie in Paris) die Unmengen von Hundehaufen beseitigt hätten, die die bis zur Unkenntlichkeit markierten Pfeiler, Hausecken und ähnliches mit einem Dampfstrahler neutralisiert hätten.

*** dass die Aussteller aus Rücksicht auf die Hunde nicht geraucht hätten.

*** dass die Hundehalter die Hinterlassenschaften ihrer Tiere wie selbstverständlich sauber gemacht hätten. Sie standen jedoch völlig regungslos neben Haufen machenden Hunden und gingen anschließend seelenruhig weiter.

*** dass das lächerliche Herumbürsten, einsprühen und Endlos-Kämmen endlich verboten wird.

*** dass für Welpen und Junghunde bis sechs Monaten generell Einlass-Verbot haben.

 

 

 

 

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